Bei einer Urlaubsreise durch Städte im Baltikum erfahre ich: Im zweiten Weltkrieg wurden die Juden aus ihren Häusern vertrieben und in Ghettos gesperrt. Danach wurden sie vernichtet. Ganze Stadtteile sind auf diese Weise entvölkert worden.
Aus dem Urlaub zurück erfahre ich: Nachdem Israel die Häuser der Palästinenser im Gazastreifen zerstört hat, will Israel nun die bislang überlebenden Menschen in einem Ghetto zusammenpferchen. Israel bezeichnt das Ghetto als „humanitäre Stadt“.
In der israelischen Tageszeitung Haaretz fragt der Kommentator Gideon Levy, was eigentlich danach kommen soll. Hier ein kurzes Zitat daraus, erst auf deutsch, dahinter das englische Original:
„Als ob 21 Monate, in denen Babys, Frauen, Kinder, Journalisten, Ärzte und andere Unschuldige getötet wurden, nicht schon genug wären, sollte der Ghetto-Plan alle Warnlampen aufleuchten lassen. Israel verhält sich, als ob es einen Völkermord und eine Vertreibung plant.“
„If 21 months of seeing the death of babies, women, children, journalists, doctors and other innocents was not enough, the ghetto plan should be turning on all the warning lights. Israel is behaving as if it is planning genocide and expulsion.“
Und nun?
In Deutschland ist es nicht so einfach, etwas gegen Israel zu sagen. Es besteht die Gefahr, als Antisemit wahrgenommen zu werden. Das aber kommt in Deutschland dem gesellschaftlichen Tod gleich. Da sagt man lieber nichts. Oder man äußert nur vorsichtig seine „Besorgnis“.
Soll ich auch nichts sagen? Oder nur vorsichtig meine „Besorgnis“ äußern? Oder soll ich an einer propalästinensischen Demo in Berlin teilnehmen? Um anschließend in den Kartei der Polizei als potentieller antisemitischer Gewalttäter geführt zu werden? Obwohl ich eigentlich nur für Menschenrechte eintreten will?

Wahrscheinlich haben nur die wenigsten Leute hier ein Online-Abo von der Haaretz, um den ganzen Artikel zu lesen. Macht nichts. Die Kommentare zu dem Artikel sind frei zugänglich. Und es lohnt sich, auch die Kommentare zu lesen.
Ansonsten lohnt sich auch ein Online-Abo von der Haaretz. Diese israelische Tageszeitung redet Tacheles, statt Israel in Watte zu packen, wie es deutscher Standard ist.